Wir haben in den Krater eines aktiven Vulkans geschaut! Aber fangen wir vorne an (Achtung, langer Eintrag, tldr-Gefahr ;). Durch das Angebot von Seba, im Dezember das Haus seiner Familie in Pucón zu bewohnen, haben wir uns natürlich mit der Gegend hier beschäftigt und schnell herausgefunden, dass die meisten wegen des Vulkans hierher kommen. Der Vulkan ist aktiv, aber er ist „freundlich“, das heißt, er kündigt Ausbrüche an und er explodiert nicht. Im Moment ist die Warnstufe „grün“, also die Unterste. Darüber kommt dann noch gelb, orange (wird bald ausbrechen) und rot. Man darf erst seit wenigen Wochen wieder bis an den Kraterrand, die letzten fünf Jahre durfte man sich nur bis 500m an den Kraterrand nähern. Darüber haben ich mich natürlich sehr gefreut, als ich das kurz nach unserer Ankunft in Pucón erfahren habe. Jessi hat dann eine Woche dafür gebraucht, sich mit dem Gedanken anzufreunden da hoch zu laufen. Jonas wäre sehr gerne mitgekommen, aber mit der „Wiedereröffnung“ kamen auch neue Regeln, z.B. dass man den Vulkan erst ab 18 Jahren besteigen darf. Wir haben die Tour wieder bei der Agentur gebucht, mit der wir schon Rafting und Canyoning gemacht haben, da wir sehr zufrieden waren. Und da wir mehr als drei Wochen hier in Pucón sind, haben wir natürlich auf allerbestes Wetter gewartet, so dass wir ohne Wolken eine gute Aussicht genießen können. Zur Vorbereitung mussten wir einen Tag vorher die Wanderschuhe und die Schneehosen anprobieren.

Gestern ging es dann morgens früh um 7 Uhr in der Agentur los: Hose, Schuhe & Gamaschen anziehen und unseren Proviant in die Rucksäcke packen. In den Rucksäcken waren außerdem Steigeisen, Gasmaske, Handschuhe, Plastikschlitten, Hosenbodenrutschschutz (das Wort hab ich mir gerade ausgedacht) und eine Jacke. Dazu gab’s einen Helm, die Wanderstöcke und den Eispickel hat erstmal unser Guide transportiert. Claudio führt seit 30 Jahren auf den Vulkan und freut sich, dass er nach fünf Jahren endlich wieder seiner Arbeit nachkommen kann. Er sagte, dass früher jeden Tag 350 Menschen auf den Vulkan gestiegen sind, jetzt wären es ca. 50. Wir haben dann später 70-80 geschätzt. Zufälligerweise hatte sonst niemand die Tour an diesem Tag bei dieser Agentur gebucht, so dass wir (wieder) eine Privattour mit dem Guide nur für uns hatten. Ab 5 Personen ist übrigens ein zweiter Guide vorgeschrieben. Die Fahrerin hat uns dann bis zur Talstation des Sessellifts gefahren. Uns wurde nahegelegt, die erste Etappe mit dem Lift zu fahren, was wir auch gemacht haben. Vor 8 Uhr saßen wir also schon im Lift.

Im ersten Sessellift

Die Fahrt war recht lang und der Weg darunter wenig spektakulär, wir waren froh, dass wir das nicht laufen mussten.  An der Mittelstation auf 1.440m waren wir dann auch knapp über der Baumgrenze und am unteren Ende des Skigebiets. Allerdings lag da inzwischen schon kein Schnee mehr. Die Fahrt im nächsten Sessellift (Andarivel No 5, siehe Karte weiter unten) brachte uns dann auf 1867m wo dann auch noch Schnee lag. Direkt vor uns waren mehrere andere Gruppen in den Lift gestiegen, da aber größere Gruppen träger sind, konnten wir als erstes loslaufen. Claudio hat ein strammes Tempo vorgelegt, so dass wir andere Gruppen eher abgehängt haben, als dass wir überholt wurden. Später hat er uns mehrfach eine „buena condición física“ bescheinigt! Gut, dass wir hier doch öfters Sport machen und in Viña jeden Tag einmal die Treppen in den 21. Stock genommen haben 😉

Erste Etappe unter dem Schlepplift

Das erste Stück sind wir dann noch unter dem obersten Schlepplift gelaufen, teilweise schon auf Schnee aber auch viel auf Vulkangestein und -Schotter. Auf diesem Stück waren noch alle Gruppen recht nah beieinander, außerdem kamen noch die Wanderer, die nicht den Lift genommen hatten dazu. Schnell waren wir dann aber nur noch im Schnee unterwegs. Mir wurde dann auch klar, warum einige Völker mehrere Wörter für Schnee haben, da die Konsitenz wirklich sehr unterschiedlich war. Von leicht matschig über schönes Crushed Eis bis zu sehr festem Eis. Der Zustand des Schnees war aber laut Claudio sehr gut, so dass wir die Steigeisen auch gar nicht brauchten.

Andere Bergsteiger und die Spuren des Runterrutschens

Wir haben den Aufstieg in vier Etappen aufgeteilt und somit drei Pausen von ca 10 Minuten gemacht. Da wir beim Aufsteigen viel geschwitzt haben, wurde uns bei den Pausen im Wind dann auch kalt, so dass wir am Ende der Pause auch wieder weiter wollten. Es war laut Claudio nur wenig Wind, hat uns aber gereicht. Nachdem wir bei der ersten Pause dachten, wir könnten auch noch weitergehen, waren wir bei der zweiten Pause nicht böse, dass wir schon die Hälfte hatten. Die dritte Pause haben wir dann echt herbei ersehnt, da war die Luft anscheinend schon so dünn, dass der Puls ordentlich hoch war. Wie wär’s nur ohne das Höhentraining in der Atacama-Wüste gewesen?

Mal wieder bestes Wetter

Bei den Pausen könnten wir auch endlich den tollen Ausblick genießen, das ging beim Aufsteigen nicht, da das Laufen im Schnee doch eine gewisse Konzentration erforderte. Nach der letzten Pause hat Claudio noch 40 Minuten angesagt, das lief dann wieder gut, schließlich war das Ziel jetzt vor Augen. Und dann waren wir auf einmal oben und gehörten um 12:20 zu den ersten 10 Wanderern an diesem Tag!

Am Kraterrand angekommen

Am Kraterrand war ein kleines Plateau auf der Seite, von wo wir kamen. Da haben wir dann unsere Rucksäcke ausgezogen und unsere Jäckchen wieder (zwischen T-Shirt und Jacke) angezogen, denn da oben war’s dann viel windiger. Und dann haben wir in den Krater geschaut.

Blick in den Krater mit Rauch unten
Video vom Krater
Guter Ort für den Darwin Award „Tod durch Selfie“

Der Blick war schon sehr beeindruckend, es hat unten im Krater sogar geraucht. (Bei Google Earth kann man sogar Lava sehen, bei der Aufnahme dieses Fotos war bestimmt nicht Stufe „grün“). Der Aufstieg hat sich wirklich gelohnt und wir waren sehr froh, dass wir auch wirklich bis zum Rand gehen konnten, das war natürlich nicht garantiert, da sich ja auch das Wetter ändern kann und dann die Tour abgebrochen werden muss.

Blick Richtung Anden
Volcán Quetrupillan (2.350m) in der Mitte und rechts dahinter Volcán Lanín (3.747m)

Nachdem wir genug in den Krater geschaut, fotografiert und gefilmt hatten, haben wir uns das tolle 360°-Panorama angeschaut. Beim Blick auf den Lago Villarica konnte man auch sehr gut die erkalteten Lavaflüsse eines vergangenen Ausbruchs sehen:

Blick auf den Lago Villarica und Pucón sowie den Volcán Solliupulli (2.282m)

Nach gut 20 Minuten haben wir angefangen uns für den Abstieg vorzubereiten. Dazu haben wir den Hosenbodenrutschschutz angelegt und den Plastik-Teller-Schlitten vorne daran fest gemacht. Die Wanderstöcke hat Claudio in seinen Rucksack gepackt und wir haben dafür den Eispickel von unserem Rucksack genommen, Der war zum Bremsen gedacht. Außerdem haben wir erst fließ- und darüber wasserdichte Handschuhe angezogen. Claudio hat uns kurz eingewiesen und wir haben eine kurze Testfahrt ohne Schlitten, also nur auf dem Hosenbodenrutschschutz gemacht. Dann hat er gesagt, wir könnten jetzt auch den Schlitten nehmen, damit geht’s schneller. Dann ist er vorgefahren und wir hinterher. Teilweise ging es sehr schnell, so dass ich die ganze Zeit gebremst habe, teilweise aber auch recht langsam, so dass man schieben musste. Am schönsten war’s eigentlich in den „Kanälen“, die von vorherigen Fahrten übrige waren. Die Fahrt hat jedenfalls sehr viel Spaß gemacht, die Jungs hätten es geliebt! Außerdem haben wir für die gut 1000 Höhenmeter runter nur ca 45 Minuten gebraucht.

Bereit für die „Schlittenfahrt“, der „Plastikschlitten“ muss noch in Position 😉

Bei der Abfahrt hat man gemerkt, wie es immer wärmer wurde. Glücklicherweise lag der Schnee noch bis fast an die Bergstation, so dass wir nur die letzten 200 Meter zum Lift laufen mussten. Vorher haben wir aber die Rutschsachen wieder ausgezogen und im Rucksack verstaut. Da hinten auch Schnee unter die Jacke gekommen war, waren wir recht nass, aber es war ja inzwischen auch 12:30, und die Sonne schien, so dass uns nicht kalt war.

Im oberen Sessellift

Bei der Mittelstation sind wir mit Claudio in das Restaurant eingekehrt und haben uns auf die Terasse im T-Shirt in die Sonne gesetzt und konnten uns trocknen. Es kam keine Bedienung und da Claudio das Picknik-Verbot-Schild ignoriert hat, haben wir auch unser restliches Essen ausgepackt. Wir hatten dann doch eher zu viel als zu wenig dabei, von meinen 2,75l Wasser war auch noch was übrig. Die Unterhaltung mit Claudio haben wir wieder als Spanisch-Unterricht angesehen, er hat uns übrigens gesagt, dass wir gut „castellano“ sprächen 😉 Claudio konnte auch ganz gut englisch und sogar ein bisschen deutsch sprechen.

Blick von der Mittelstation

Nach der Pause mit schönen Gesprächen sind wir bis zur Talstation gefahren, wo wir dann wieder von der Fahrerin abgeholt wurden. Inzwischen war es dann auch schon 15:30. Wir waren dann also erst um 16:00 zurück in Pucón, vorher hieß es allerdings, dass wir erst um 17:00 zurück kommen, wir waren also nicht die langsamsten 😉

An der Talstation mit unserem Bergführer Claudio

Die Tour hat uns wirklich sehr gut gefallen, vor allem natürlich bei diesem tollen Wetter, was laut Claudio optimal war: Nicht zu heiß und nicht zu kalt und wenig Wind. Außerdem blauer Himmel und kaum Wolken. Claudio war auch super und eine Privattour ist natürlich auch nicht schlecht. Und als wir dann nach Hause kamen waren wir zwar echt kaputt, aber die Jungs waren nicht verhungert und haben sich gefreut, dass wir wieder zurück waren 🙂

Wir sind bis „Retorno Andarivel“ mit dem Sessellift gefahren
Volcán Villarica

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