Diese Woche sind die Jungs in die Deutsche Schule hier in Viña del Mar gegangen. Außerdem durfte ich zwei Tage als Lehrer hospitieren. Doch zuerst die „Eltern-Sicht“, die „Lehrer-Sicht“ kommt im zweiten Absatz.

Blick auf das Hauptgebäude, rechts hinter der Hecke ist der Sportplatz

Eltern-Sicht

Da die Kinder unserer Freunde Seba & Tatj (mit Seba saß ich in Aachen im ITA in einem Büro und sie zu besuchen ist der Grund für unsere Chile Reise) hier in Viña auf die Deutsche Schule gehen, hatten wir von ihnen direkte Ansprechpartner in der Schule bekommen. Das Aufnahmeprocedere war sehr gut organisiert, generell ist die Orga sehr gut, es gibt (wie so oft in Chile) sehr viel Personal: Sekretärinnen für die Aufnahme, die Unterstufe, die Mittelstufe, die Finanzen, für Allgemeines, der Direktor hat natürlich auch noch eine Sekretärin. Die E-Mails von drei verschiedenen Damen waren übrigens alle in perfektem Deutsch geschrieben. Da es eine Privatschule ist und die Jungs für eine Woche Schüler der Schule wurden, mussten wir natürlich auch Schulgeld bezahlen: 241.000 Chilenische Pesos! Das sind knapp 241€. Pro Woche! Das konnte ich natürlich mit Kreditkarte direkt im Finanz-Sekretariat bezahlen. Wir fragen uns, wie sich das die Familien hier leisten können, die nicht sehr gut verdienen. Und die Schule ist sehr groß. Sie ist vierzügig und hat zudem noch einen Kindergarten. Da wir hier kein Auto haben, haben wir ein großes Taxi-Budget und fahren auch mit dem Taxi zur Schule, da es mit dem Bus recht umständlich ist (zudem abenteuerlich, mehr dazu demnächst). Fast alle Kinder werden morgens mit dem Auto gebracht, das ist aber recht gut organisiert. An der Einfahrt gibt es eine Schranke mit 2 Wächtern der „Seguridad privada“. Dann gibt es einen Wendehammer, wo 3 Eltern mit Warnwesten („Tschüsschen und Küsschen“ steht hinten drauf) den Verkehr regeln und die hinteren Autotüren für die Kinder öffnen. Danach gibt es wieder einen Sicherheitsmann, der anscheinend alle Kinder kennt, wir wurden am Montag erstmal angehalten. Dann hat er im Sekretariat angerufen und gefragt, ob das seine Richtigkeit hat. Ich habe dann einen Besucherausweis bekommen. Dienstag hat er mich aber wieder erkannt und direkt durchgewunken. An der nächsten Treppe stand dann der Leiter der Mittelstufe und hat alle Schüler (teilweise persönlich) begrüßt. Der Schulcampus ist auch sehr groß: Es gibt einen Sportplatz mit Laufbahn, eine Turnhalle, einen Basketballplatz, ein Schwimmbad, eine Aula (die ich allerdings größer erwartet hätte, „nur“ 200 Plätze), eine Mensa, den Kindergarten, eine „OGS“ und natürlich das große Schulgebäude (siehe Foto oben mitte). Es gibt nur wenige Kinder, die zweisprachig in der Familie aufwachsen (wie bei unseren Freunden), die meisten lernen erst hier Deutsch. Bis zur 5. Klasse haben die Schüler 7 Stunden, die Älteren haben erst 6 Stunden und nach der Mittagspause geht es weiter bis zur 10. Stunde. Jonas und Jakob durften einmal nach der Schule auch noch am Leichtathletik Training teilnehmen.

Blick über den Sportplatz und Kindergarten (blaue Dächer) auf Schwimmbad, Aula & Mensa (grüne Dächer v.l.n.r)

Lehrer-Sicht

Für meine Hospitation als Lehrer hatte ich per E-Mail einen Plan bekommen und durfte an Mathestunden in höheren Klassen teilnehmen. Montags morgens wurde ich im Sekretariat begrüßt, man wusste schon Bescheid. Da die Mathestunde aber erst in der 5./6. war, hat mich eine Deutschlehrerin (aus Hamburg) spontan mit in die 11. Klasse genommen. Die SchülerInnen haben Präsentationen über eine nachhaltige Reise durch Europa (mit dem Besuch von mind. 2 deutschsprachigen Ländern) gehalten, war sehr interessant. Die SchülerInnen konnten auch alle ganz OK deutsch sprechen und es wird kompetenzorientiert unterrichtet, ich bin begeistert. Das aktuelle  Schulmotto (für 2022-24) lautet: „Mit gutem Beispiel die Welt verändern – Auf in eine grüne Zukunft!“, was ich (besonders für Chile) bemerkenswert finde. Im Lehrerzimmer gibt es viele kleine Tische, die nach Fachschaften besetzt waren. Ich saß jedenfalls mit an einem Deutsch-Tisch, daneben waren zwei Mathe-Tische. Es gibt einen Ruheraum, mehrere PC-Arbeitsplätze und es standen mehrere Thermoskannen mit Kaffee bereit und ein Wasserspender. Außerdem wieder viel Personal. Eine Dame lief da immer rum, hat mit einer Sackkarre einen neuen Trinkwasserbehälter gebracht, sich um den Kaffee gekümmert und die Toiletten geputzt. Außerdem gibt es einen Kopierer, also einen Menschen, der für die Lehrer kopiert. Die Klassenräume sind hier Lehrern zugeordnet, so dass dann alle Mathe-Räume nebeneinander sind, die Deutsch-Räume übrigens daneben. Die meisten DeutschlehrerInnen waren aus Deutschland und bleiben für ein paar Jahre, so dass sich die Deutsch-Fachschaft alle paar Jahre verändert, was entsprechende Schwierigkeiten und Reibungsverluste mit sich bringt. Aber die Stimmung im Kollegium war gut, ich wurde auch sehr nett aufgenommen, auch wenn’s nur für zwei Tage war. Der Mathe-Unterricht war dann auf Spanisch, beide Lehrer die ich besucht habe,  sprachen auch nur Spanisch. Glücklicherweise ist die Mathe-Sprache ja international, trotzdem habe ich noch neue Vokabeln gelernt (z.B. Despajar una incognita – Nach einer Unbekannten auflösen; cumplir la igualidad – eine Gleichung erfüllen). Der Unterricht lief „klassisch“ ab und war wirklich sehr gut. Alle Stunden sind hier Doppelstunden mit 90 Minuten, was ich ja kenne und schätze, unsere Jungs fanden das aber gewöhnungsbedürftig. Das Verhältnis der Lehrer zu den Schülern scheint wirklich sehr gut zu sein. Auch in den Klassen herrschte eine gute Stimmung. Das Schuljahr geht jetzt schon langsam zu Ende, nächste Woche ist die Noten-Deadline und eine Woche vor Weihnachten beginnen die Sommerferien. Das nächste Schuljahr beginnt dann erst im März. Weitere Ferien gibt es 3 Wochen im Winter und eine Woche zum Nationalfeiertag im September. Außerdem noch ein paar lange Wochenenden. Die Noten gehen in Chile übrigens von 1,0 bis 7,0 wobei 7,0 die Beste ist. An der deutschen Schule beginnen die Noten allerdings grundsätzlich erst bei 2 😉

Das hing in einem Mathe-Klassenraum 🙂

Kermesse der Deutschen Schule

Am 16.11. hat die Deutsche Schule ein großes Fest („Kermesse“) in ihrem „Ferienheim“ in einem Vorort von Viña gefeiert. Wir waren mit unsere Freunden da, hier ein paar Eindrücke. Es gab übrigens am Essensstand des Schulvereins Leberkäse mit Sauerkraut!

Bühne
Viel Schwarz-Rot-Gold
Die Feuerwehr war auch da
Die Bierstube war eher ein Biergarten in dem es neben Erdinger aus der Flasche auch sehr leckeres chilenisches Craftbier vom Fass gab.

Fazit

Wer das alles gelesen hat, bekommt jetzt noch mein Fazit. Für die Jungs war es sehr anstrengend in der Schule, da sie ja das meiste nicht verstehen und auch nicht mit allen kommunizieren konnten. Trotzdem war es eine tolle Erfahrung und vor allem eine gute Abwechslung, da wir ja seit 6 Wochen den ganzen Tag als Familie aufeinander hängen. Außerdem hat das Jessi (& mir) die ersten (kinder-) freien Vormittage seit 6 Wochen beschert, die wir mit Spanisch Unterricht aber auch mit Sport (Zirkel-Training mit einer Gruppe am Strand), zu zweit Frühstücken gehen oder einfach lesen verbracht haben.

Schulpflicht ist auf jeden Fall eine sehr gute Sache, denn Homeschooling ist und bleibt driss (liebe Grüße an Peter). Wir fühlten uns in der Woche davor ein bisschen in die Pandemie zurückversetzt. Da wir keine riesige Ferienwohnung haben, saßen alle drei mit ihren Aufgaben aus Deutschland am Esstisch und das ist für alle sehr anstrengend und es ging nur sehr zäh voran. Das wird also noch sportlich, wir haben ja noch zwei Monate vor uns. Aber das ist jetzt wirklich Meckern auf verdammt hohem Niveau 😉

Selbstgemachte Zitronenlimonade auf unserem Balkon im 21. Stock kurz vor Sonnenuntergang
Deutsche Schule Valparaíso

Beitragsnavigation